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Andreas E. Mach: Jüdische Familienunternehmer in Hitlers München.
Hier geht es zum Interview von Hermine Kaiser mit Andreas E. Mach am 29. November 2024
Das Buch „Jüdische Familienunternehmer in Hitlers München“ können Sie beim Allitera-Verlag vorbestellen unter vertrieb@allitera.de
Was hat sie 2005 zur Gründung des Alphazirkels bewogen?
Andreas Mach: „Ich hatte durch meine Herkunft, Vernetzung und langjährige Tätigkeit im Corporate Banking schön früh Einblick in die spezifischen Herausforderungen denen Familienunternehmer gegenübersehen. Die sehr speziellen Themen der Familienunternehmer – immerhin die Basis der deutschen Wirtschaft – hatten bis zur Dotcom Blase eine schlechte bis keine Lobby und fanden auch in der Wissenschaft wenig Beachtung. Ich wollte eine Plattform schaffen, auf der sich Familienunternehmer untereinander in einem geschützten Raum zu ihren Erfahrungen, Erfolgen und Misserfolgen austauschen können. So habe ich im Jahr 2005 mit einer Handvoll Familienunternehmer und wirtschaftsberatenden Persönlichkeiten den ALPHAZIRKEL ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es seither, den Erfahrungsaustausch unter Familienunternehmern voranzubringen, Ideen anzustoßen, von den Erfahrungen anderer in der Nachfolgeregelung und der Zukunftssicherung des Familienunternehmens profitieren sowie Kontakte im Unternehmer-Netzwerk zu knüpfen und zu pflegen“.
Wer waren die ersten Mitglieder/Partner?
Andreas Mach: „Mit-Initiatorin der ersten Stunde ist Innegrit Volkhardt mit dem Hotel Bayerischer Hof in München. Ferner unterstützten uns von Anfang an die Unternehmerfamilien Rodenstock, Holland (Augsburger Allgemeine), Wöhrl, Hirschvogel, Karwendel und Multivac. Gründungspartner waren auch wirtschaftsberatende Unternehmen wie TaylorWessing, Mazars, Norton Rose, Ernst & Young, Hauck & Aufhäuser, Sibeth und andere. Zu unseren Wissenschaftspartnern zählen ebenfalls seit der Gründung die Handelshochschule Leipzig, die Universität St. Gallen und das WiFu der Universität Witten-Herdecke.
Unser Ansatz „Von Unternehmern für Unternehmer“ spiegelt sich auch im Gesellschafterkreis des ALPHAZIRKEL, denn Beatrice Rodenstock, Philipp Haindl, Albert Geiger und ich kommen selbst aus Familienunternehmen und sind mit deren Herausforderungen aufgewachsen“.
Welche Ziele verfolgt der Alphazirkel?
Dr. Albert Geiger: „Der Alphazirkel leistet einen Beitrag dazu, den Erfolg von Familienunternehmen über Generationen zu sichern. Gerade in der aktuell sehr herausfordernden Zeit unterstützen wir Unternehmer durch unsere Diskussionen, Unternehmergespräche, „online conversations“ und die intensive Netzwerktätigkeit, sich nach der Krise wieder neu aufzustellen.
Generell motivieren wir Familienunternehmer, den Veränderungsdruck auf ihre Unternehmen aufrechtzuerhalten – in Zeiten der Digitalisierung und der Corona Krise eine der wichtigsten Voraussetzungen, um Familienunternehmen langfristig und nachhaltig zu erhalten.
Unsere Diskussionen, Startup-Days und zahlreiche Delegationsreisen helfen Teilnehmern aus unserem Netzwerk bereits, ihre Geschäftsmodelle anzupassen, neue Ideen zu integrieren oder festzustellen, wie hoch der Innovationsdruck ist.
Daneben widmen wir uns natürlich auch den klassischen Familienunternehmer-Themen, wie die Nachfolgeregelung, das erfolgreiche Zusammenspiel zwischen Gesellschafterfamilie, Unternehmen und Management oder die Lösung von Konflikten im Gesellschafterkreis.
Durch unsere Reihe „online conversations“ haben wir auch im ALPHAZIRKEL eine krisenbedingte „Disruption“ herbeigeführt. Seit dem Veranstaltungsverbot Mitte März berichten Unternehmer und Experten im ALPHAZIRKLEL online, also für ein sehr breites Publikum, wie sie die aktuelle Zeit meistern und wie ihre Sichtweise auf die Post-Corona-Ökonomie ist. Mit diesem neuen Format haben wir den bewährten „geschützten Raum“, der im ALPHAZIRKEL schon immer als Synonym für unsere exklusiven Präsenzveranstaltungen steht, vorübergehend verlassen. Dies bewusst, da wir den Austausch mit Unternehmern und Experten auch jenseits des bestehenden Netzwerkes gerade in diesen Zeiten als sehr wichtig erachten. Das Format hat sich bewährt und ermöglicht auch Unternehmern und Investoren außerhalb unseres Netzwerkes die Teilnahme an den online Angeboten“.
Welche Leistungen bietet der Alphazirkel seinen Mitgliedern und Partnern?
Andreas E. Mach: „Der Alphazirkel versteht sich als Vernetzungs- und Sparringplattform. Dazu bieten wir Erkenntnisse aus erster Hand. Unternehmer diskutieren Ihre Herausforderungen miteinander im moderierten Dialog und können so dem Netzwerk auf vielfältige Weise nützliches Know-how liefern und davon profitieren.
Familienunternehmen sind meist nicht sonderlich offen für externe Beratung durch Spezialisten. Sie sind aber sehr offen für Sparrings-Austausch mit Gleichgesinnten und dem Dialog untereinander – und dies finden sie im ALPHAZIRKEL. So sind wir im Laufe der Jahre zu einer gesuchten Plattform für den Erfahrungs- und Meinungsaustausch von Familienunternehmern geworden und zu einer Wissensplattform für die erfolgreiche Führung von Familienunternehmen der unterschiedlichsten Branchen.
Gestartet ist der ALPHAZIRKEL mit vier Veranstaltungen pro Jahr. Heute bieten wir ca. 30 unterschiedliche Veranstaltungen im Jahr an. Neben klassischen Themengebieten wie Nachfolge, Family Governance und Governance Strukturen in Familienunternehmen, zeigt der Alphazirkel heute auch Technologietrends auf und präsentiert Best-in-Class-Unternehmer, die Ihre Unternehmen stets erneuert haben und damit auch ein Beispiel für andere Unternehmer und deren anstehende Transformationsprozesse sein können“.
Albert Geiger: „Unser erstes, heute noch bewährtes und stets gut besuchtes Format ist der klassische Unternehmerabend: ein von Andreas Mach oder mir moderiertes Podium mit einem oder bis zu acht Diskustanten, auf dem sich Unternehmer zu bestimmten Themengebieten austauschen und Empfehlungen abgeben.
Daneben haben sich unsere Unternehmensbesuche, Workshops und Startup-Days etabliert. Vor allem die Vernetzungsarbeit von Familienunternehmen mit neuen Technologien bzw. Startups ist stark in den Fokus gerückt. Dazu haben wir unsere Plattform Alphazirkel 21.0 ins Leben gerufen. Die unterstützt Familienunternehmen bei der Zusammenarbeit mit Startups – sei es eine Kunden-Lieferantenbeziehung, eine Kooperation oder eine Beteiligung“.
Sind die Angebote des ALPHAZIRKEL auf Deutschland beschränkt?
Dr. Albert Geiger: „Seit 2010 haben wir unser internationales Netzwerk erheblich ausgebaut. Das begann mit dem jährlich stattfindenden Deutsch-Türkischen Familienunternehmergipfel, der immer sehr erfolgreich bis 2015 in Tarabya in der Historischen Residenz des Deutschen Botschafters stattfand. Parallel organisierte der ALPHAZIRKEL Delegationsreisen, die heute ein fester Bestandteil des Programms sind: Wir haben Länder wie China, Schweden, Italien, die Türkei, den Libanon, Myanmar, die USA, Großbritannien und Israel besucht und dabei lokale Unternehmerkulturen, Vorbildunternehmer und Start-ups und vor allem aber Technologietrends kennengelernt“.
Was unterscheidet den Alphazirkel und sein Programm von den anderen Organisationen der deutschen Familienunternehmen?
Andreas E. Mach: „Im Gegensatz zu anderen Organisationen ist der Alphazirkel kein Verband oder Verein, der Mitgliedsbeiträge erhebt. Der ALPHAZIRKEL lebt durch seine Förderer und Sponsoren und ist im Kern non-profit: Bereits seit 15 Jahren werden die Aktivitäten des ALPHAZIRKELS über großzügige Förderer und Sponsoren finanziert. So müssen für die Teilnahme an den Unternehmerabenden keine Teilnahmegebühren von den Gästen erhoben werden. Dies macht uns unabhängig von Geschäftsabschlüssen und ermöglicht die Konzentration auf die Wissensvermittlung aus praktischer unternehmerischer Erfahrung und dem persönlichen Austausch. Ein wichtiges asset des ALPHAZIRKEL ist das kuratierte Netzwerk von etwa 4000 Unternehmern, die je nach Thema persönlich eingeladen werden. Wir sind auch eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis und arbeiten mit zahlreichen Universitäten an Studien, Unternehmerbefragungen und publizieren Bücher und Studien zu Themen, die Familienunternehmer bewegen“.
Im Rückblick, was waren die größten Highlights der vergangenen 15 Jahre?
Andreas Mach: „Der Ausbau unseres internationalen Netzwerks auf etwa 4.000 Familienunternehmer in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol und natürlich die große Zahl von Kooperationen mit der Next Gen und Startups. Für Aufmerksamkeit sorgten unsere 10 Jahresgala mit der Verleihung des „ALPHAZIRKEL Family Entrepreneurship Award“ und auch die bei unseren Neujahresempfängen verliehenen „ALPHAZIRKEL Impact Entrepreneurship Awards“ sind mittlerweile wiederkehrende Highlights. Die Delegationsreisen, die wir seit 2013 machen, gehören auch dazu. Und alle paar Jahre machen wir ein Buch. Den meines Wissens einzigen Bildband im coffee-table Format über Familienunternehmen habe ich 2016 mit S.K.H. Prinz Luitpold von Bayern herausgegeben, die bebilderten Geschichten von 20 bayerischen Traditionsunternehmen werde ich nicht müde immer wieder zu lesen. 2023 kommt unser Buch „Die Macht der Familie“ heraus, mit einem zwischen Wissenschaft und Praxis erarbeiteten Erfolgsmodell für Familienunternehmen mit 20 Monographien von Unternehmerpersönlichkeiten und ihrer Familiengeschichte“.
Albert Geiger: „Ganz aktuell natürlich unsere schnelle Reaktion auf die Corona-Krise mit online Formaten. Unsere „online conversations“ haben wir innerhalb von 20 Wochen 36 Mal realisieren können und damit auch in schwierigen Zeiten den Kontakt und Austausch der Unternehmer untereinander und mit wichtigen Spezialisten sichergestellt“.
Und welche Themen haben Ihr Publikum in dieser Zeit am meisten interessiert?
Albert Geiger: „Alles, was mit den aktuellen Herausforderungen in den Unternehmen zu tun hatte, wie Sofortmaßnahmen in der Krise, auch die Beschaffung von Kapital, Beispiele für Krisenstrategien anderer Unternehmer, zu erwartende Veränderungen durch die Krise in bestimmten Sektoren wie Retail, Real Estate, Automotive. Dazu waren die Einzelinterviews mit besonders herausragenden Unternehmerpersönlichkeiten sehr gefragt. Auch waren wir online international, haben mit Unternehmern in Schweden, in den USA und in Israel diskutiert“.
Haben diese Themen auch in Zukunft Relevanz, was hat die Corona Krise nachhaltig verändert?
Albert Geiger: „Auf jeden Fall werden die Veränderungen durch die Krise eine große Rolle für Familienunternehmer und somit für unsere Themen im ALPHAZIRKEL haben. Die Themen „Nachhaltigkeit“ und „Change Management“ werden neben den bisher schon großgeschriebenen digitalen Themen sehr an Bedeutung gewinnen. Die Corona Krise hat auch die Relevanz der Sustainable Development Goals stärker in den Mittelpunkt unternehmerischen Handelns gestellt. Hier werden wir Familienunternehmer auch praktisch dabei unterstützen, ihre Strategien anzupassen und mehr auf Nachhaltigkeit und Verantwortung zu achten, für die Umwelt, aber auch für soziale Belange“.
Der Alphazirkel hat einen deutlichen Schwerpunkt im süddeutschen Unternehmertum, soll das so bleiben, oder streben sie eine nationale Präsenz an?
Dr. Albert Geiger: „Wir streben auf jeden Fall eine nationale Präsenz an, haben auch schon immer Unternehmerabende mit Kooperationspartnern beispielsweise in Baden-Württemberg, Frankfurt, Düsseldorf, Berlin und Hamburg auf der Agenda gehabt, die in diesem Jahr durch Corona leider unterbrochen wurden. Außerdem sind wir die einzige Unternehmerplattform die in allen deutschsprachigen Regionen vertreten ist, nämlich in der Schweiz, in Österreich, in Südtirol und in Deutschland“.
Wo steht der Alphazirkel in fünf Jahren?
Andreas E. Mach: „Der Alphazirkel wird weiterhin als Sparring- und internationaler Netzwerkpartner für Familienunternehmer und deren Next Gen zur Seite stehen, aktuelle wie traditionelle, vor allem überlebensnotwendige Themen im Visier haben, diese aufbereiten und zur Diskussion stellen und natürlich die internationale Vernetzung weiter fördern“.
Was raten sie jungen Unternehmern?
Andreas E. Mach: „Bei allen notwendigen Entwicklungen und Veränderungen, die eigenen Werte erkennen und nicht aus den Augen verlieren und bereit sein von den anderen, auch den etablierten Unternehmern, zu lernen und Verantwortung zu übernehmen für die Gesellschaft. viele Next Gen Entrepreneure sind tolle „Impact Investoren“, von denen kann man auch viel lernen“.